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Haftung bei fehlender Vertretbarkeit der Fernbehandlung

Infobox: Einsatz der Telemedizin im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung

Die ausschließliche Fernbehandlung ist in Deutschland seit Mai 2018 berufsrechtlich zulässig, außer in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und in Baden-Württemberg nur in genehmigten Projekten.

In § 7 Abs. 4 Satz 2 MBO-Ä wird klargestellt, dass der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt „Goldstandard“ bleibt, der durch den Einsatz von digitaler Technik nur unterstützt, jedoch nicht ersetzt werden soll. Die Erlaubnis zur ausschließlichen Fernbehandlung steht dazu in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis bei Vorlage der folgender Voraussetzungen:

  • ärztlich vertretbar und
  • erforderliche ärztliche Sorgfalt wird gewahrt und
  • Aufklärung des Patienten über Besonderheiten dieser Behandlungsart

Die Erlaubnis der ausschließlichen Fernbehandlung unter den oben genannten Umständen (siehe Infobox), lässt alle rechtlichen Rahmenbedingungen im Übrigen unberührt. Die ärztliche Haftung entspricht demnach der bisherigen Haftung des Arztes in der analogen Behandlung und ergibt sich aus Verstoß gegen den Behandlungsvertrag (§ 630a-630 h BGB) und aus Delikt (§ 823 BGB).

Dem Arzt obliegt die laufende Beurteilung, ob sich die konkrete Situation für eine ausschließliche digitale Beratung/Behandlung eignet oder ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt erforderlich ist. Maßgebliche Kriterien im Rahmen der Prognose sind:

  • Indikation – ggf. Indikationslisten in den Leitlinien der Fachgesellschaften zum Einsatz der Telemedizin (z.B. Praxis der Teledermatologie über www.bvdd.de)
  • Kontraindikationen – nicht gegeben bei:
    • schwerer Erkrankung (BGH: Pflicht zum persönlichen Kontakt „jedenfalls“ bei schweren Erkrankungen)
    • Beschwerden, die über das eingesetzte Kommunikationsmittel nicht verifizierbar sind
    • bei unzureichenden Patientenangaben und übermittelten Daten
    • Begrenzungen in den Leitlinien der Fachgesellschaften​​​​​​
       
  • vertragsarztrechtliche Vorgaben/Beschränkungen für ausschließliche Fernbehandlung
  • Geeignetheit und Funktionalität des eingesetzten Kommunikationsmediums im konkreten Fall
  • Möglichkeit der eindeutigen Patientenidentifizierung
  • Fähigkeit des Patienten über das gewählte Kommunikationsmittel zu kommunizieren
  • Fehlende Aufklärung/Einwilligung des Patienten, siehe Abschnitt "Haftung bei Verstoß gegen ärztliche Sorgfaltspflicht".
  • Prüfung, ob im konkreten Fall ein potentiell notwendiges Einschreiten eines Arztes/Therapeuten gewährleistet ist

Problematisch bleibt, dass sich die Entscheidung, ob eine ausschließliche Fernbehandlung vertretbar ist, allein auf telemedizinisch erlangte Kenntnisse stützt. Diese Einschränkung muss in der Entscheidung Berücksichtigung finden.

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