"MobiNa" - Mobiler Notfallassistent des Fraunhofer IPA
Um älteren und gebrechlichen Menschen ein selbstständiges Leben mit höherer Qualität im eigenen Heim zu ermöglichen, hat das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) das mobile Notfallassistenzsystem „MobiNa“ entwickelt. Dazu erläutert Dr. Birgit Graf, Gruppenleiterin Haushalts- und Assistenzrobotik am Fraunhofer IPA: „Einer der Gründe, warum ältere und gebrechliche Menschen in ein Pflegeheim übersiedeln, ist die Abnahme der Möglichkeiten zur Kommunikation mit der Umwelt und insbesondere die Angst, dass in Notfällen nicht rechtzeitig Hilfe zur Verfügung steht.“ MobiNa, ein selbstständig navigierender, interaktiver Serviceroboter, kann dafür mit einem stationären Sensorsystem gekoppelt werden, das zum Beispiel Stürze automatisch erkennt. „MobiNa“ dient seinem Besitzer als zuverlässiger robuster Helfer in Notsituationen, indem er als mobiles Kommunikationssystem überall und jederzeit verfügbar ist.
Handliches Design: Der mobile Notfallassistent „MobiNa“
© Fraunhofer IPA
„MobiNa“ ist ein mobiler Roboter, der im Notfall, zum Beispiel nach einem Sturz, als Kommunikationsplattform eingesetzt werden kann. Der Roboter fährt selbstständig auf die gestürzte Person zu und stellt dabei über seinen Bildschirm und die integrierten Lautsprecher und Mikrofone den Kontakt zur Notfallzentrale her: Ist es ein Notfall? Wo ist der Unfall passiert? „Ist der Notfall erkannt, wird abhängig von der Zustimmung des Benutzers eine Videoverbindung aufgebaut“, bestätigt Dr. Birgit Graf. Gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Notfallzentrale kann dann entschieden werden, ob und welche weitere Hilfe benötigt wird.
Im Notfall persönliche Sicherheit
Der Roboter wird für diesen Einsatz mit einem Notfallerkennungssystem verknüpft, das diesem die Koordinaten der gestürzten Person übermittelt. Geeignete Schnittstellen wurden zum Beispiel bereits für das ebenfalls am Fraunhofer IPA entwickelte sensorbasierte Sicherheitssystem sens@home implementiert. „Das System kann die Lage einer Person erkennen, unabhängig davon, ob die Person steht, sitzt oder liegt, beziehungsweise ob sich die Position einer Person schnell verändert“, so Dr. Birgit Graf. Und weiter: „Doch selbstverständlich kann „MobiNa“ auch flexibel mit jedem anderen Notfallerkennungssystem gekoppelt werden.“
Roboter in die Wohnungsumgebung eingebunden
Durch eine Kombination aus geeigneter 3D-Sensorik mit einer intelligenten Einheit zur Fusion und Analyse von Daten zu Bewegungsverläufen orientiert sich "MobiNa" im Raum und erkennt nicht nur die einzelnen Zimmer, sondern auch die am Boden liegende Person. „Dabei muss die Integrationsmöglichkeit der Hardwarekomponenten in bestehende Wohnumgebungen gewährleistet sein. So zum Beispiel eine Ladestation, an der „MobiNa“ immer wieder andockt, oder ebene Wohnflächen, die die Mobilität des Roboters nicht einschränken“, erklärt Dr. Birgit Graf.
Interaktion zwischen Mensch und „MobiNa“
Im Notfall prüft „MobiNa“, der in Verbindung mit einem in der Wohnung installierten stationären Sensor- und Kamerasystem arbeitet, die Lage der Person und nimmt selbstständig Kontakt zu einer Notfallzentrale auf.
© Fraunhofer IPA
Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz ist die einfache Interaktion zwischen System und Bewohner, da die unkomplizierte Handhabung eine wichtige Rolle bei der Akzeptanz spielt. Schließlich steht die maximale Abdeckung der Notfallerkennung einer Wohnumgebung bei Minimierung der Fehlalarme und Vermeidung von falschen Notrufen im Vordergrund.
Gegenüber bisher üblichen Hausnotrufsystemen bietet ein mobiles Kommunikationssystem wie „MobiNa“ deutliche Vorteile, erläutert Ralf Simon King, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPA für die Gestaltung von „MobiNa“ verantwortlich war. Einen konventionellen Notrufknopf muss der Benutzer ständig mitführen. „MobiNa“ dagegen prüft zuerst selbsttätig, wenn die Lage des hilfebedürftigen Menschen unklar ist. Gegebenenfalls stellt er per Videotelefon sofort Kontakt zu einem Ansprechpartner in der Notrufzentrale her, der die Situation einschätzen, Zuspruch geben und in kritischen Fällen einen Notdienst alarmieren kann. „So werden überflüssige Einsätze und Fehlalarme gleichermaßen wirkungsvoll vermieden“, bestätigt Ralf Simon King.
Soziale Integration schafft Sicherheit
„MobiNa“ dient aber nicht nur als wichtige Notfallassistenz, auch Videotelefonie und Erinnerungsfunktionen lassen sich mit Hilfe des Roboters einfach umsetzen und unterstützen die soziale Integration von alleinstehenden älteren Menschen.
„MobiNa ist als mobiles Kommunikationssystem gedacht, das in der Preisklasse anspruchsvoller Unterhaltungselektronik oder eines höherwertigen Roboterstaubsaugers erschwinglich wird“, so Dr. Birgit Graf. Im Alltag dient „MobiNa“ als „Tablet-Computer auf Rädern“ mit Videotelefonie-Funktion. So ist es möglich, mal mit den Enkeln zu skypen oder sich an die Medikamenteneinnahme erinnern zu lassen. Der intuitiven Interaktion mit dem Roboter wurde eine besondere Bedeutung zugemessen: Das Display ist neigbar, an zwei Handgriffen kann man ihn bei Bedarf auch mal auf die Seite stellen. Außerdem verfügt „MobiNa“ über eine LED-Licht-Anzeige, mit der er seinen Status signalisiert, wenn er beispielsweise ein Problem erkannt hat. Auch für den Fall, dass er nachts eingreifen muss, kann er dem Benutzer damit Licht spenden und so den zugeschalteten Servicemitarbeitern die Sicherheit geben, die Situation besser einschätzen zu können.
Funktionales Design entspricht Anforderungen
„Das handliche Design - weder kantig noch zu filigran - folgt nicht nur praktischen Erwägungen, es entspricht auch den Wünschen des Zielpublikums“, meint Ralf Simon King. Vor der Weiterentwicklung durchgeführte Umfragen hätten ergeben, dass ältere und hilfebedürftige Personen einen Roboter in Menschengestalt ablehnen, dementsprechend wurde ein funktionales Design gewählt. Gerät der Assistent zu groß, wird er zudem als Fremdkörper in der Wohnung empfunden.
Die Fraunhofer-Forscher suchen derzeit nach interessierten Firmen als Kooperationspartner für die Entwicklung des „MobiNa“ zur Serienreife. Umfangreiche Labortests hierzu wurden bereits durchgeführt. Testreihen in realistischen Anwendungssituationen werden als nächstes folgen, um eine benutzerorientierte und den Anforderungen der Praxis entsprechende Produktentwicklung sicherzustellen.