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Software-Hilfen für Patienten und Ärzte
Wenn medizinische Software-Entwicklungen für Ärzte und Patienten Erfolg haben sollen, müssen sie nicht nur strengen Sicherheitsanforderungen entsprechen, sondern auch einfach zu bedienen sein und ihren Nutzen belegen. Mit dem GHG Praxisdienst und der mobilen Gesundheits-App mediteo ist dem Heidelberger Software-Unternehmen Gotthardt Healthgroup dieser Nachweis überzeugend gelungen.
Die dreizehnte Folge der Online-Seminarreihe „heiINNOVATION talks: Digital health - From an analog to a digital world“ am 17.02.2021 hatte das Thema „Software that empowers patients and physicians“. Sie bildete den Schlusspunkt einer über das ganze Wintersemester 2020/21 angebotenen Serie von Veranstaltungen, die sich vornehmlich an innovative Unternehmensgründer und gründungswillige Wissenschaftler im Bereich medizinischer Anwendungen richtete. Für die Reihe verantwortlich waren Dr. Raoul Haschke, der Koordinator und Projektleiter von heiINNOVATION, der Transfer-Agentur der Universität Heidelberg, und Amina Daca, die bei der Agentur für Start-up-Förderung und Sensibilisierung zuständig ist; dabei wurden sie vom Health Innovation Hub des Bundesgesundheitsministeriums unterstützt.
Der GHG Praxisdienst

Prof. Dr. Daniel Gotthardt, Gründer und CEO des Heidelberger Software-Unternehmens Gotthardt Healthgroup AG (GHG), stellte in seinem Vortrag zwei von seinem Unternehmen für Ärzte und Patienten entwickelte digitale Lösungen vor: Durch den „GHG Praxisdienst“ werden Ärzte bei den Arbeitsabläufen in ihrer Praxis und der Patientenbehandlung unterstützt; durch „mediteo“ wird den Patienten bei der korrekten Medikamenteneinnahme und der Integration ihres persönlichen Therapieplanes in ihren Alltag geholfen.
Gotthardt betonte, dass die Einführung derartiger Software-Entwicklungen und ihre Akzeptanz durch Ärzte und Patienten kein Selbstläufer ist, selbst wenn ihr Nutzen (für den Entwickler) offenkundig zu sein scheint. Wie das berühmte Magazin „The New Yorker“ im November 2018 in dem Artikel „ Why doctors hate their computers“ geschrieben hatte, können Computer eine Barriere zwischen Arzt und Patient darstellen und kostbare Zeit von den durchschnittlich nur sieben Minuten rauben, die zur Besprechung jedes Einzelpatienten zur Verfügung stehen. Dass die Digitalisierung die medizinische Versorgung leichter und effizienter macht, wie immer wieder versprochen, muss erst überzeugend nachgewiesen werden.
Mit dem „GHG Praxisdienst“ wird dem Arzt ein Weg aufgezeigt, um in der Komplexität der heutigen Medizin, welche die Kapazität des menschlichen Verstandes übersteigt, dennoch die für jeden Krankheitsfall benötigten Informationen herauszufiltern und mehr Zeit für den Patienten selbst zu schaffen. Durch die Fortschritte der modernen Medizin sei jeder Patient eine „Big Data-Herausforderung“ geworden, sagt Gotthardt. Der GHG Praxisdienst ist ein kostenloses, modular aufgebautes Softwareprogramm, das sich problemlos in das bestehende Arztinformationssystem (AIS) integrieren lässt. Es enthält eine große Datenbank, in der gezielt nach Informationen über Krankheiten gesucht werden kann. Für die Aufklärung der Patienten können auf seine spezifische Situation zugeschnittene aktuelle Informationsblätter ausgedruckt werden. Medizinische Scores aus den verschiedenen Fachbereichen können ermittelt und direkt in das AIS übernommen werden; dazu kann auf die entsprechenden Hintergrundinformationen zu den Scores, die relevanten Leitlinien und aktuelle Fachliteratur zurückgegriffen werden. Das Modul GHG StudienFinder kann anhand der Patientendaten im AIS erkennen, ob der Patient für eine spezielle klinische Studie infrage käme. Im Falle seines Einverständnisses kann dann direkt der Kontakt zu einem Prüfzentrum, beispielsweise in einer Universitätsklinik, hergestellt werden.

Mit den Data-Mining-Methoden und Lernalgorithmen der Software lassen sich komplexe multimediale Beziehungen in den medizinischen Daten aufdecken, die Hinweise auf vorhandene oder künftig auftretende Erkrankungen liefern können. Besonders wichtig ist das für das Aufspüren und die Identifizierung einer seltenen Erkrankung (SE), die nur mit einer Häufigkeit von weniger als 5 auf 10.000 Einwohner auftritt. Bisher sind weit mehr als 7.000 verschiedene SE beschrieben worden, an denen – zusammengenommen - allein in Deutschland über vier Millionen Menschen leiden. In sehr vielen Fällen werden diese Patienten nicht oder falsch behandelt, weil ihre Krankheit nicht erkannt wird; sie müssen oft Jahre oder sogar Jahrzehnte auf die richtige Diagnose warten. Durch das GHG-Modul für seltene Erkrankungen, das in der elektronischen Patientenakte Hinweise auf eine mögliche SE aufspürt, kann der Leidensweg der Betroffenen – oft Kinder – verhindert oder zumindest verkürzt werden. Wie Gotthardt berichtet, unterstützt der GHG Praxisdienst in Deutschland mittlerweile etwa zweitausend praktizierende Ärzte.
Die Patienten-Software mediteo
Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg einer Therapie ist die Adhärenz der Patienten, also das Ausmaß, in dem die Person, die mit dem Arzt vereinbarte therapeutische Maßnahme - insbesondere die Medikamenteneinnahme - befolgt. Gotthardt zitiert dazu die Feststellung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass die Verbesserung der Adhärenz einen günstigeren Effekt auf die Gesundheit der Bevölkerung hat als jede andere Einzelmaßnahme. Als Beispiel sei genannt, dass jeden Tag in Deutschland 739 Personen einen Schlaganfall erleiden (24 Prozent mit tödlichem Ausgang); dabei sind Personen, die sich nicht adhärent verhalten, drei- bis viermal häufiger betroffen. Maßnahmen zur Verbesserung der Adhärenz sind die beste Investition, um die Häufigkeit chronischer Krankheiten zu reduzieren.
Eine unzureichende Adhärenz kann vielfältige Gründe haben, zum Beispiel: mangelndes Verständnis der Krankheit und Unkenntnis der Medikamentenwirkung, Vergesslichkeit, fehlendes Vertrauen in den Therapieerfolg und entsprechend geringe Motivation, Furcht vor Nebenwirkungen und psychosozialer Stress. An diesen Faktoren setzte GHG an, um durch Stärkung der Adhärenz das Leben der Patienten zu verbessern. In Zusammenarbeit mit Ärzten wurde mediteo entwickelt, eine Gesundheits-App, die kostenlos auf das Smartphone im App-Store heruntergeladen werden kann. Die App erinnert den Patienten, wann und wie er seine Medikamente einnehmen soll und hilft ihm, seinen persönlichen Therapieplan einzuhalten und ihn in seinen Alltag zu integrieren. Sie informiert über Nebenwirkungen und mögliche Symptome bei der Einnahme und hält die für das Monitoring der chronischen Erkrankung relevanten Messwerte fest. Wie alle GHG-Produkte ist mediteo zertifiziert; Datenschutz und Datensicherheit sind oberstes Gebot. Gotthardt betont, dass er als Arzt der ethischen Richtschnur in hippokratischer Tradition folgt: „Primum nil nocere, secundum cavere, tertium sanare“ – erstens nicht schaden, zweitens vorsichtig sein und drittens heilen.
Die Mediteo GmbH wurde als Schwesterunternehmen der GHG als Digital Health Start-up gegründet und ihre App "mediteo m+" ist ein vom Medizinprodukt der Risikoklasse I. Richtig angewendet bedeutet Digitalisierung keine Schranke zwischen Doktor und Patient, sondern schafft eine engere Verbindung zwischen ihnen. Nur durch Digitalisierung kann die in der modernen Medizin für jeden Patienten erzeugte Datenflut zu seinem Wohl ausgewertet werden, und mobile Gesundheits-Apps, welche die Privatheit, Sicherheit und Integrität der Daten garantieren, ermöglichen auch dem Arzt eine verstärkte Zuwendung auf die jedem Patienten eigenen Belange.
In seiner Seminarreihe „Digital health - From an analog to a digital world“ hatte Raoul Haschke von heiINNOVATION darauf hingewiesen, dass Deutschlands Gesundheitswesen in der Digitalisierung hinter vergleichbaren Ländern hinterherhinkt. Mit der Einführung digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs) im vergangenen Jahr und durch die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie verstärkt hat die medizinische Versorgung in Deutschland jedoch einen kräftigen Schub in Richtung Digitalisierung erfahren.